Oratorium des hl. Philipp Neri in Aufhausen „Oratorianer vom Heiligen Blut“

Weihnachtsimpulse

Die Zärtlichkeit der Liebe Gottes

Jesus ist in die Welt gekommen,
um uns die frohe Botschaft zu bringen,
dass Gott Liebe ist.
Er liebt uns, er liebt dich und mich.
Er möchte, dass wir einander lieben,
wie er jeden von uns liebt.
Wenn wir auf das Kreuz schauen,
verstehen wir die Größe seiner Liebe.
Wenn wir auf die Krippe schauen,
verstehen wir die Zärtlichkeit
seiner Liebe zu dir und mir.
Dazu ist Jesus gekommen:
Um uns die Zärtlichkeit
der Liebe Gottes zu zeigen.

(Heilige Mutter Teresa von Kalkutta)

Eine Lebendige Krippe sein

Liebe Brüder und Schwestern,

in der Mitternachtsmesse haben wir davon gehört, wie den Hirten die frohe Botschaft verkündet wurde. Sie eilten dann in den Stall von Bethlehem, wo das große Ereignis stattgefunden hatte. Ich lade ein, dass wir jetzt in Gedanken gemeinsam mit den Hirten nach Betlehem gehen und sehen, was da los ist (Lk 2, 15-20). Die einfachen Männer, gewöhnt an die Hirtenarbeit, verstanden nicht viel von dem, was da angekündigt wurde war. Aber eins war für sie sicher: Hier ist Gott am Werk! Wenn der Böse sich zeigt, entsteht Furcht, Angst, Schrecken… Hier aber war es anders: Diese Erscheinung der Engel war etwas Übernatürliches, sie war von Gott! Und die Hirten taten das Natürlichste, was man in solchem Fall tun kann, sie gehen und schauen nach, sie überprüfen. Sie hatten ja deutliche Zeichen bekommen: das Kind soll in einer Krippe liegen, eingewickelt in Windeln. Eine Krippe passte zum Stall – das war nicht Besonderes. Aber die Windeln waren auffällig. Ein gewöhnlicher Mensch benutzte damals so etwas nicht. Windeln besitzen und gebrauchen, das bedeutete in der Antike, dass hier ein besonders vornehmes Kind geboren wurde. Maria hatte sie vorbereitet und mitgebracht. Sie wusste ja, dass sie bald notwendig würden. Ein eigenartiger Kontrast: Die Krippe als Zeichen der Normalität, des Gewöhnlichen und dann das Außergewöhnliche, die Windel! Das machte die Untersuchung der Hirten spannend. Sie gingen also in den Stall. Sie fanden und prüften: Ja, es war tatsächlich so, wie der himmlische Bote angekündigt hatte. Sie hatten sich nicht getäuscht, es war kein Phantasiegebilde!

Was aber bedeutet das für uns heute? Wie können wir damit Weihnachten feiern? Der hl. Franziskus wollte das Geschehen von Bethlehem den Menschen nahe bringen. Sie sollten die Botschaft nicht nur hören, sondern auch erleben können. Darum baute er eine Krippe im Wald. Die Leute sind dort hingeströmt. So ist der Brauch entstanden, in den Kirchen und Häusern eine Krippe zu bauen. Das ist kann eine große Hilfe sein, Weihnachten tiefer zu erleben. Das Entscheidende ist aber, dass wir selber eine Krippe werden, also ein Platz, wo sich Jesus, Maria und Josef wohl fühlen und wo die Menschen etwas von der Weihnachtsbotschaft erleben. Und wie soll das geschehen? Wie können wir – bildlich gesprochen – eine echte Krippe werden?

Wenn sich Jesus in uns so wohl fühlen soll, wie damals in der Krippe des Stalles von Bethlehem, dann kommt es wohl vor allem auf das Vertrauen an. Vertrauen ist das kostbarste Geschenk, das Kinder ihren Eltern machen können. Wenn wir Gott unser volles Vertrauen geben, dann haben wir das Schönste und Wertvollste Weihnachtsgeschenk für Gott-Vater! Wir könnten dann z.B. etwa so beten: „Herr, ich vertraue dir mehr als mir selber, ich vertraue dir mehr als das, was die Welt mir vormachen und erzählen kann. Ich vertraue dir mehr, als den Wissenschaften, der Kunst – so bedeutend und hilfreich sie auch sein mögen. Ich vertraue der Botschaft von Weihnachten, ich vertraue dem Evangelium…“ Unser Vertrauen – das ist die Krippe, in die Jesus von neuem einkehren will – bei jedem von uns!

Und was sind die Windeln, die königlichen Windeln? Ich denke, sie sind unsere Gebete. Die Hirten eilten nach Bethlehem und sahen, dass da tatsächlich Gott am Werk war. Und was taten sie? Sie drückten ihre Hochachtung und Hilfsbereitschaft aus. Unsere Weihnachtslieder sehen sie sogar auf Knien in Anbetung. Genau das ist es, was wir wohl am meisten brauchen, um Gott zu „wärmen“ – echtes Gebet, ja Anbetung! Das hängt nicht von Zahl oder Art der Wörter ab, die wir gebrauchen. Anbetung kommt vor allem durch Ehrfurcht und Hingabe zum Ausdruck. Ich freue mich, dass wir hier bei uns neben dem Jesuskind in der Krippe zwei große Engel-Figuren haben, die die Anbetung zum Ausdruck bringen. Ich lade ein, in diesen Tagen immer wieder einmal zu kommen und ganz still von dieser Krippe anzuhalten und zusammen mit den Engeln anzubeten, mit dem Herzen hinzuschauen, auch ganz ohne Worte. Wir können uns eins machen mit den Engeln und voll Ehrfurcht uns vor dem Herrn verneigen. Ja, in solche Windeln möchte der Gottes-Sohn auch heute wieder eingewickelt sein. Er soll nicht frieren hier unter uns, er soll nicht frieren in meinem Herzen. Ich lade ein, auch ganz nach vorne zu kommen, vielleicht hier an der Kommunionbank oder in den ersten Bankreihen Platz zu nehmen und mit den Engeln Anbetung zu halten. Natürlich kann man das auch überall in der Welt machen, daheim oder unterwegs… Aber es ist gut, wenn wir uns auch durch diesen geweihten Raum helfen lassen. Das stärkt unser Gebet und auch unsere Ehrfurcht vor Gott.

Aber das ist doch nicht alles! Wir können uns die Krippe von Betlehem nicht vorstellen ohne die Nahrung, die das Kind braucht. Es gibt viele schöne Darstellungen die zeigen, wie Maria das Kind nährt. Stellt euch vor, der Gottessohn, er braucht eine menschliche Brust, er braucht Nahrung von uns! Wie sehr hat sich doch Gott klein gemacht! Die Milch für das Jesuskind, die Nahrung für den mensch-gewordenen Gott, das ist unsere Liebe. Die Liebe, die wir ihm schenken im Gebet und die echte Hilfe, die wir einander schenken! Helfen – so wie  Gott selber auch uns hilft. Gott macht immer den ersten Schritt auf uns zu, er hilft „als Erster“, er hilft allen, die sich helfen lassen und er hilft auch dann, wenn es wehtut. Nach dieser Nahrung möchte das Gotteskind auch heute von uns ernährt werden – in unserer Krippe, in unserem Herzen!

Wenn wir so wie die Hirten nach Betlehem eilen, da wird die Krippe wieder lebendig, dann werden wir selber zu einer lebendigen Wanderkrippe. Weihnachten soll nicht damit enden, dass in einigen Tagen wieder alle Dekorationen verwahrt werden. Es soll das ganze Jahr über Weihnachten sein. Wir sind berufen, eine lebendige Krippe zu sein, zu werden, eine Krippe durch Vertrauen, das dem Gottessohn Platz bereitet, eine Krippe, die dem Gotteskind Schutz und Wärme gibt und schließlich die Liebe, die jeder von uns allen braucht. Amen.

(Predigt von P. Winfried Wermter C.O. im Jahr 2012/2014)