Drei Schwerpunkte der Wallfahrtsseelsorge von Aufhausen
Im Bewusstsein, dass das Blut Christi die Quelle der Reinheit ist, konnten die „Brüder vom Heiligen Blut“ – unterstützt durch die Mitarbeit der „Dienerinnen vom Heiligen Blut“ – mit Leichtigkeit ihre besondere Spiritualität mit dem Anliegen von Maria-Schnee (Reinheit) verbinden. Das wirkte sich auch auf die Erneuerung der Wallfahrt durchaus beflügelnd aus.
Im Gleichnis Jesu vom Weinstock und den Reben betont Jesus gleich zu Beginn, dass der Vater als Winzer die fruchtbaren Reben reinigt, damit sie noch mehr Frucht bringen können. Dann heißt es: Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich zu euch gesagt habe (Joh 15,3). Es wird hier also das Wort Gottes ein Instrument genannt, mit dem der himmlische Vater seinen Weinberg reinigt und fruchtbar macht. Die gesamte Geschichte des Volkes Gottes ist geprägt durch die Propheten, die das Wort Gottes verkündeten, um die Gedanken und Verhaltensweisen der Menschen zu säubern, zu korrigieren und immer neu nach dem Willen Gottes auszurichten. So ermahnt der hl. Paulus im Römerbrief: Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist (Röm 12,2). Es geht bei der Verkündigung des Wortes Gottes nicht nur um die Ausbreitung christlichen Glaubens, sondern immer auch um die Abwehr „weltlicher“ Einflüsse und die Reinigung von ihnen. Darum muss auch Jesus im engsten Apostelkreis kämpfen, wenn er z. B. sogar Petrus selber einmal scharf mit den Worten zurückweist: …du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen (Mt 16,23). In welcher Weise aber wird nun im Heiligtum Maria-Schnee das Wort Gottes eingesetzt, um gewisse Denkweisen, Gewohnheiten und Traditionen der Gläubigen zu reinigen? Zunächst ist wohl zu betonen, dass auch werktags in jeder Heiligen Messe das Wort Gottes durch eine Homilie den Menschen nahe gebracht wird. Außerdem werden für die Gläubigen aus der näheren Umgebung wöchentliche Bibelgruppen angeboten, in denen nicht nur das gewöhnliche „Bibelteilen“ stattfindet. Darüber hinaus wird für die kommende Woche ein Leitwort ausgewählt, das den Teilnehmern dabei hilft, durch das Wort Gottes die Probleme des Alltags im Licht des Glaubens zu sehen und anzugehen. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch das Zeugnis geben, durch das Mitteilen von Erfahrungen, die mit Hilfe von Glauben und Gebet gemacht wurden. Auch beim monatlichen Herz-Maria-Sühne-Samstag und während der monatlichen Kurzexerzitien sind die Glaubenszeugnisse ein wichtiges Instrument der Verkündigung. Durch sie wird besonders deutlich, wie der Glaube das Leben reinigt, stärkt und mit Freude erfüllt. Die neun-wöchige Vorbereitung auf die Aufhausener Marienweihe ist ganz auf jene biblischen Texte ausgerichtet, die gleichsam ein biblisches Mosaik von Maria zeichnen, das als „Weg Mariens“ für die Wallfahrer und Freunde des Heiligtums zum geistlichen Leitfaden wird. Gerade durch den biblischen Bezug wird die Marienverehrung von so manchen Schieflagen der Vergangenheit gereinigt. Es geht vor allem um Umkehr, sowie um eine Vertiefung der Jüngerschaft Christi. Darum spielt traditionsgemäß auch der Beichtstuhl eine zentrale Rolle in der Wallfahrtsseelsorge.
Seitdem in Aufhausen regelmäßig, ja täglich Gelegenheit zur Beichte gegeben wird, wächst die Zahl der Pönitenten. Eine gut sichtbare Beichtglocke macht jeden Besucher der Wallfahrtskirche auf dieses Instrument der Barmherzigkeit Gottes aufmerksam – auch wenn sie vielleicht zunächst nur aus touristischen oder kunsthistorischen Gründen den heiligen Raum betreten haben. Nicht nur an besonderen Wallfahrtstagen oder bei Exerzitien sind die Beichtstühle belagert. Dank dem Umstand, dass es in Aufhausen eine Priestergemeinschaft gibt, können sich die Beichtväter auch für ihre Pönitenten wirklich Zeit nehmen. Wer in unseren Tagen vielleicht nach langer Zeit oder in großen Lebenskrisen den Schritt in den Beichtstuhl wagt, braucht mehr Aufmerksamkeit. Viele Pilger von Nah und Fern suchen Befreiung von den Altlasten ihrer Vergangenheit. Familiäre Probleme und esoterische Irrwege lassen sich nicht mit einem billigen Trostwort behandeln. Viele Gläubige brauchen und suchen für längere Zeit sogar geistliche Begleitung. Oft genügt auch nicht die sakramentale Lossprechung. Dann ist das Gebet um Heilung von verschiedensten Verwundungen der Seele segensreich. Solange die Gläubigen mit dem Schmutz der Vergangenheit Kompromisse zu schließen suchen, sind Gnade und Glaube behindert. Das Verständnis für geistliche Zusammenhänge und Wahrheiten wächst aber ab dem Augenblick, da die Seele von der persönlichen Sündenschuld befreit wurde. Nicht zufällig heißt es im Epheserbrief: …durch sein Blut haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden… (Eph 1,7), und auch der 1. Johannesbrief betont: …das Blut seines Sohnes reinigt uns von aller Sünde (1Joh 1,7).
Das Sakrament der Barmherzigkeit ist eine Erneuerung der Tauf-Gnade. Bildlich gesprochen befähigt dieses reinigende Bad im Blute Christi die Pilger, an den vielfachen Gnaden und Charismen des Heiligtums teilzunehmen. Ein reichhaltiger Schriftenstand lädt zur Nacharbeit und Vertiefung nach dem Empfang des Sakramentes ein. Die meisten hier angebotenen Schriften sind aus der Erfahrung dieser Exerzitien- und Wallfahrtsseelsorge herausgewachsen. Ähnlich wie nach einer Operation gewöhnlich noch Krankengymnastik und Reha notwendig sind, wollen diese Bücher und Kleinschriften das gesamte Glaubensleben stärken. Die regelmäßigen Wallfahrtstage sind eine Gelegenheit zur Weiterführung und Vertiefung.
Schon bald nach ihrer Ankunft in Aufhausen fingen die Brüder und Schwestern vom Heiligen Blut an, die Gläubigen zur Anbetung vor dem Allerheiligsten einzuladen. Obwohl zunächst nur kurze Zeiten angeboten wurden, war das Echo erst einmal nicht groß. Seitdem man aber den Schritt wagte, Tag und Nacht durchgehend das Allerheiligste auszusetzen, kommen immer mehr Beter. Man kann ohne Zeitplan kommen – wann man gerade Zeit hat, eine Krise durchmacht oder im Herzen die Einladung spürt: Immer findet man offene Türen und jemanden, der vor dem Allerheiligsten Gebetswache hält. Nur wenige Beter tragen sich für feste Stunden ein, aber viele verweilen gerne wenigstens kurz in der weihevollen Stille vor dem Herrn und bereichern so ihren Weg zur Arbeit, einen Spaziergang oder den Besuch auf dem Friedhof. Gott allein weiß, was sich da alles in den Herzen tut. Viele vom Stress Gejagte sind einfach dankbar für die Ruhe, mit der sich die Seele von neuem füllt. Ängste werden abgebaut, stürmische Gedanken und Urteile finden Linderung. Manche nehmen gerne die Bibel, den Rosenkranz oder eines der bereitliegenden Gebetbücher zur Hilfe. Das ruhige Verweilen vor dem Heiland wird oft auch erst nach einer gewissen Zeit erreicht, aber gerade dieses Verweilen reinigt und heilt oft die Verletzungen der Seele am wirkungsvollsten. Die heilsame Gabe der Tränen ist bei so manchen Besuchern nicht zu übersehen. Es sind auch die großen Nöte und Anliegen von Kirche und Welt, die hier „zum Thron der Gnade“ gebracht werden und ebenso das Gebet für die Sterbenden wie für die Verstorbenen. Immer wieder geht es um die Reinigung und Heilung der Herzen, der Gewissen, der Beziehungen unter den Menschen. Der Aufblick zu Maria, die mit mütterlicher Sorge und Liebe ihren reinigenden und vor Frost schützenden Schnee spendet, ist dabei für viele suchende Menschen eine große Hilfe, eine Brücke hin zum Erlöser.
(Aus: W. Wermter, Reinheit – das Gefäß der Liebe. Unterwegs zu einer Kultur Mariens, Dienerinnen vom Heiligen Blut, 20-26)
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